Dieser hat aber seine eigene Dynamik entwickelt. In »M12« hat Sie sich Monat für Monat mit den einzelnen Modulen des Grafikdesign-Studiums beschäftigt.

Meine Abschlussarbeit in Grafikdesign an der OfG: „M12“

OfG Absolventin Jessica Rynebrant hat als Abschlussarbeit einen zeitlosen Kalender entworfen, der ursprünglich ein rein typografischer Kalender werden sollte. Dieser hat aber seine ganz eigene Dynamik entwickelt. In »M12« hat sie sich Monat für Monat nun mit den einzelnen Modulen des Grafikdesign-Studiums beschäftigt.

Auf die Jahresübersicht folgen jeweils ein Modul und die dazugehörige Monatsübersicht.

Der Kalender strotzt vor kreativen Metaphern und Ideen. Aber lassen wir Frau Rynebrant hier selbst zu Wort und Bild kommen und ihr Abschlussprojekt vorstellen. Viel Freude damit!

Ein paar Fragen zum Einstieg:

Ein typografischer Kalender

Mir war relativ früh klar, dass meine Abschlussarbeit kein Projekt werden sollte, das nach Fertigstellung einfach in der Schublade landet. M12 sollte Gestaltung, Nutzen und Nachhaltigkeit verbinden. Ich habe mir Fragen gestellt wie „Was liegt Dir? Was ist Dir in der Gestaltung wichtig? Womit arbeitest Du am liebsten?“ Und die Antwort war schnell gefunden: Typografie.

Ich liebe Typografie. Die Typografie ist für mich eines der wichtigsten Gestaltungselemente und verleiht jedem Projekt Charakter. Sie fasziniert mich immer wieder und ich gebe ihr am liebsten den Raum, den sie verdient.

„M12“ – ein Begriff, der über Wochen in meinem Kopf umherschwirrte. Daraus entstand dann die Idee, die zwölf Module des Studiums mit 12 Monaten zu verbinden. Mithilfe der Typografie wollte ich die einzelnen Module des Studiums sichtbar machen und einen undatierten, zeitlosen Kalender gestalten.

M12 zeitlos

Mir war wichtig, dass das Logo eher zurückhaltend kommuniziert, um somit genügend Raum für das weitere Konzept und die Module zu lassen. Die Grundlage für das Logo bildet die Schriftart „Baskerville“ – ich wollte eine Schrift mit Tradition und „Baskerville“ überzeugt auch noch nach über 260 Jahren mit ihrer Stille bzw. Schlichtheit. Die angedeuteten Kalenderfelder greifen das innere Kalendarium von M12 auf.

Ich arbeite am liebsten schwarz-weiß, habe mich jedoch entschieden, die Farbe Rot einfließen zu lassen, da sie in der Geschichte der Kunst und Gestaltung zu den wichtigsten Farben gehört und ich somit das Thema der Zeitlosigkeit wieder aufgreifen konnte.

Das richtige Format für den Kalender zu finden, hat einige Zeit in Anspruch genommen. Ich wollte nicht zu viel Verschnitt und somit Abfall beim Druck erzeugen, darum kamen viele Sonderformate nicht infrage. A4 war mir zu groß und A5 wiederum zu klein. So wurde „M12 zeitlos“ schlussendlich quadratisch (21 × 21 cm).

Die Planung der Innenseiten hat einige Seiten in meinem Skizzenbuch in Beschlag genommen – von 28 bis 64 Innenseiten war an Ideen alles vertreten. Aber während der Entstehung fiel in InDesign alles an seinen Platz und heute hat „M12 zeitlos“ insgesamt 52 Innenseiten mit u. a. Vorwort, Jahresübersicht sowie jeweils vier Seiten pro Monat.

Inspiration

Inspiration finde ich in der Regel in den vielen Büchern/Magazinen über Design und Typografie, die sich bei mir zu Hause stapeln, oder bei Vorbildern wie David Carson, Sascha Lobe und Stefan Sagmeister. Pinterest ist eine weitere Quelle, in der ich mich täglich stundenlang verlieren kann und die mir Unmengen(!) an Inspiration bietet.

Songtexte und Plattencover sind jedoch meine größte Inspirationsquelle und helfen mir auch bei kreativen Blockaden. Sie schaffen es immer wieder, mir neue Ideen zu liefern und daraus ziehe ich tatsächlich die meiste Energie für kreative Projekte. Während der Entstehung von „M12 zeitlos“ war es Sam Fender, der mich tagein, tagaus begleitet hat – seine Texte und das Plattencover von „Seventeen Going Under“ haben Spuren in meiner Abschlussarbeit hinterlassen.

„Der Punkt ist die kleinste grafische Einheit, er ist sozusagen das ‚Atom‘ jeglichen bildhaften Ausdrucks“ – Adrian Frutiger

Ich war während des Online-Studiums immer ein Fan der Zitate, die uns in den Modulen begegnet sind. Da Adrian Frutiger schon seit langer Zeit mein „Mister Univers“ ist, haben dieses Zitat und der Punkt die Grundlage für die Gestaltung von M1 gebildet. So hatte ich auch eine Verbindung zu den Lerninhalten des ersten Moduls hergestellt: die Grundformen.

Der Schriftzug „Get to the point“ entstand aus vielen einzelnen Punkten. Ein Grundsatz guter Gestaltung ist es, die wichtigen Dinge durch eine klare Kommunikation konsequent – ohne Störungen und Umwege – zu vermitteln. Meine Gedanken kreisten während des Entwurfs irgendwann um uns Menschen und die Frage, warum uns das im Leben so schwerfällt. Es fehlt uns an einer transparenten, ehrlichen und direkten Kommunikation. Warum nutzen wir so viele Worte, ohne auf den Punkt zu kommen?

Eigendynamik

Diese Gedanken sollten schließlich den weiteren Prozess erheblich beeinflussen. Ich habe z. B. Antworten darauf gesucht, warum Politiker so viel reden, ohne wirklich etwas zu sagen. Oder warum jemand um den „heißen Brei“ herumredet. Je mehr ich recherchiert und über die Menschen, ihre Gewohnheiten, Wahrnehmung, Denkweise und Moral gelesen habe, desto klarer wurde mir, dass ich zu jedem Modul eine Verbindung herstellen kann.

Ich möchte nichts schönreden – die darauffolgenden Wochen waren anstrengend. Zum einen, weil ich mein bisheriges Konzept „typografischer Kalender“ teilweise verlassen und M2 bis M12 neu angehen musste. Zum anderen, weil mir ziemlich schnell bewusst wurde, dass es mehr Zeit beanspruchen würde als geplant. Zwischen der Gestaltung von M1 und M2 vergingen mehrere Wochen, in denen ich ausschließlich recherchiert und neue Ideen entwickelt habe.

Die Themen, in die ich mich eingelesen habe, machten mich zwar sehr oft traurig und wütend – aber genau diese Emotionen haben mir die Energie für die weitere Umsetzung gegeben. Meistens lösten einzelne Wörter aus der Recherche oder den Zitaten in den Modulen bei mir eine Idee aus, wie Realität, Reduktion, Plakat oder Identität.

In dieser Zeit habe ich auch beschlossen, aus jedem Modul zusätzlich ein Zitat aufzugreifen und mit der Gestaltung zu verknüpfen.

M1 | Grundlagen der Gestaltung „Get to the point“

(Un)ordnung

Nach außen hin mag ich in solch einem Projekt sehr chaotisch wirken, weil ich erstens alles vollkritzle, was dafür geeignet ist, und zweitens meinen Arbeitsplatz ständig umverlagere. Ich mache mich überall breit – auf allen freien Flächen. Aber ich habe meine eigene Ordnung und trage zum Schluss alles Wichtige zusammen. Dieses „Aufräumen“ hilft mir, mich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren und eine Idee zu konkretisieren.

Welcome to reality.

Unscharfe Bilder und Typografie waren die Basis für meine weitere Umsetzung. Sei es, um auf Oberflächlichkeit, Vorurteile und Schubladendenken aufmerksam zu machen oder sich Themen wie Werbesprache und Umweltverschmutzung anzunehmen. Dem Kalendarium habe ich „Irritationen“ hinzugefügt und bewusst mit der Größe der Felder gespielt, um die von uns angelegten Denkstrukturen zu stören. So erfährt jeder Monat eine Veränderung.

Kalendarium | Jahresübersicht

Kalendarium | Monatsübersicht

Ich habe mein Skizzenbuch meistens griffbereit, muss jedoch gestehen, dass dieses eher als Notizbuch herhalten muss und ich weniger skizziere. Die meisten Entwürfe zu den einzelnen Modulen sind direkt am Computer in Illustrator oder Photoshop entstanden. Die einzigen Ausnahmen sind M1 („Get to the point“) und M5 („Reduction“) – da musste ich im Vorfeld doch analog ein wenig „tüfteln“, bis die geometrischen Formen ihre endgültige Position finden konnten.

M2 | Farbe und Farbsysteme „Non-binary thinking“

M3 | Bild, Bildbearbeitung und Fotografie „Reality“

M4 | Schrift und Typografie „Diversity“

M5 | Zeichen, Piktogramme und Icons „Reduction“

M6 | Layout und Editorial Design „Trash“

M7 | Logodesign „Free mess“

M8 | Corporate Identity / Corporate Design „Code 128“

M9 | Marketing und Werbung „Blah“

M10 | Usability und Screendesign „404“

Dadurch, dass ich mich den einzelnen Modulen aus einer anderen Perspektive angenähert habe, wurde eine Sache mal wieder ganz deutlich: Wir tragen Verantwortung. Wir sind auch als Grafikdesigner:innen mitverantwortlich, wie diese Welt gestaltet wird.

Das hat mich auf die Idee gebracht, für M11 („Selbstdarstellung“) eine eigene Recherche zu starten, um herauszufinden, wie wir Grafikdesigner:innen uns eigentlich selbst darstellen. Was ist uns wichtig? Wie vermarkten wir uns? Was unterscheidet uns? Ich habe 100 Internetpräsenzen von Selbstständigen untersucht und die am häufigsten genannten Adjektive herausgesucht. Die Top 10 waren schnell gefunden. Und wie stellt man nun einen „kreativen, individuellen, einzigartigen“ Prototypen dar? Die Lösung war in diesem Fall mein Scanner.

Mithilfe eines Selbstporträts und meinem Gesicht auf der Glasplatte wollte ich leicht „mit der Nase darauf stoßen“. Nach schätzungsweise 100 Scans und arg geblendeten Augen hatte ich in dieser Art von Bilderstellung eine neue Leidenschaft für mich entdeckt.

M11 | Designmanagement „Selbstdarstellung“

#yourmindcreatesthisworld

John Lennons „Imagine“ aus dem Jahre 1971 ist heute, über 50 Jahre später, leider so aktuell wie nie zuvor. Es liegt an uns, die Dinge mit unserer Vorstellungskraft zu bewegen und zu verändern. Für mich ein wichtiger Grund, warum der Hashtag #yourmindcreatesthisworld, der von der OfG genutzt wird, anstelle eines Zitats seinen Weg in „M12 zeitlos“ gefunden hat.

M12 | Designgeschichte und Abschluss „Imagine“

Fazit:

Es war eine intensive, spannende Reise. Die vielen positiven Rückmeldungen und die Aufnahme von „M12 zeitlos“ im Page Magazin online sind für mich die Bestätigung, wie wichtig es ist, sich selbst zu vertrauen und die eigene Haltung zu zeigen.

Rückblickend bin ich sehr glücklich darüber, dass ich auf Bauch und Herz gehört habe. Und meiner Abschlussarbeit die Zeit und den nötigen Raum gegeben habe, sich zu entwickeln und zu dem zu werden, was sie heute ist – (k)ein typ(ograf)ischer Kalender.

Profil_Jessica_Rynebrant

Jessica Rynebrant
OfG-Absolventin / Grafikdesign
jessicarynebrant.de
instagram.com/jessicarynebrant


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